Naranjo DECAF

Süß und fruchtig mit verschiedenen Gewürzen und angenehmer Röstaromatik. Erneut der beste Decaf, den wir bislang hatten. 

Nach etlichen Jahrzehnten der anonymen Massenware hat die Welt endlich damit begonnen dem Genussmittel Kaffee einen Wert zu geben. Als Kunde einen Preis zu bezahlen, den eine ehrgeizige Kaffeerösterei im direkten Handel an seinen Kaffeebauern weiter reicht, ist nach wie vor ein Nischenprodukt- und Verhalten. Wir sind jedoch stolz eine dieser vielleicht hundert Röstereien von über tausend in Deutschland zu sein.

Obwohl es weltweit immer mehr moderne Kaffeeröstereien gibt und Kaffeebauern sich in neuen Anbaumethoden und Verarbeitungen ausprobieren, so gibt es einen bestimmten Bedarf an Kaffee, der weiterhin leider nur mit ganz niedriger Qualität bedient wird.

Mit diesen harten aber ehrlichen Tatsachen möchten und müssen wir den noch anhaltenden schlechten Umgang mit entkoffeinierten Kaffees ansprechen.

Während es derzeit immer beliebter wird, Ernten von schlechterer Qualität, mit Hilfe von Zertifikaten einen Preisaufschwung zu verschaffen, weil es dann ein "fair gehandelter" oder "biologischer" Kaffee ist, bleiben am Ende der Lagerbestände die ganz üblen Reste.

Für diese Mischung aus kaputten, angefressenen, teilweise verschimmelten oder noch ungeschältem Rohkaffee, die kein seriöser Rohkaffeehändler nehmen würde, gibt es nur noch eine Möglichkeit, um den Weg ins Regal doch noch zu finden: gemahlener Kaffee, sodass man die Defekte nicht mehr sieht.

Diese Kaffees haben die Gewohnheit im unteren Bereich eines Supermarkt-Regals zu landen und werden meist vorher entkoffeiniert. Schließlich erwartet niemand einen leckeren Kaffee ohne Koffein...

Wir wissen, dass entkoffeinierte Kaffees einen sehr geringen Marktanteil haben. Aus eigener Erfahrung kommt an unserer Kaffeebar eine entkoffeinierte Tasse auf 90-100 "normale" Kaffeegetränke.

Dennoch bleibt die Frage wieso beinah nur schlechte entkoffeinierte Kaffees angeboten werden, wenn es doch Menschen gibt, die gerne auch einen genussvollen Kaffee ohne Koffein hätten. Ein geringer Marktanteil sollte doch trotzdem mit guter Qualität bedient werden, oder?

Diese Aufgabe haben wir uns ganz groß auf die Stirn geschrieben und im Jahr 2018 auf der Intergastra Messe in Stuttgart einen verrückten Italiener aus Triest kennen gelernt...

Man darf davon ausgehen, dass ein Prozess, der etwas entzieht, meist nicht nur diese eine gewünschte Komponente präzise entnehmen kann, sondern auch weitere Stoffe davon betroffen sind. So müssen wir von Beginn an klar stellen, dass ein entkoffeinierter Kaffee geschmacklich nie zu 100% dem gleichen nicht entkoffeinierten Kaffee entsprechen wird, allerdings muss das erstmal nichts Schlechtes sein.

Wir nehmen also von unserer Farm in Mexiko einen ganz normalen, hervorragend angebauten und gepflückten sortenreinen Parzellenkaffee und schicken ihn zum "Demus Lab" nach Triest. Ein Forschungs-Unternehmen, welches einen Weg gefunden hat Koffein so behutsam wie möglich vom Kaffee zu trennen.

Es gibt über 20 Möglichkeiten Kaffee zu entkoffeinieren, die meisten sind chemisch, weil sich große Firmen keine aufwendigen und teuren Prozesse leisten möchten.

Hier fanden wir ein Verfahren mit Wasser. Es ist eine Art zentrifugal Kraft, welche ermöglicht, dass das Koffein unter Hochleistung herausgespült wird. Unseres Wissens nach nennt man das Verfahren auch "Swiss Water Decaffeination".

Als wir 2018 den ersten Kaffeesack öffneten konnten wir unseren Augen nicht trauen.. die Bohnen waren schwarz! (Rohkaffee ist üblicherweise grünlich-gelb und hell)

Ein großer Schock, der am nächsten Morgen sofort den Griff zum Hörer erforderte: "Ciao, Sie wollene bestimmte wissen warum de Caffe nero ist?" kam es prompt aus dem Mund unseres italienischen Freundes, damit fiel uns auch gleich ein Stein vom Herzen.

Es war tatsächlich so, dass dieses Verfahren nicht nur das Koffein mitnimmt sondern irgendwie auch die Farbe der Rohkaffeebohnen wegpoliert.

Nachdem wir zwei Jahre die La Ventana Parzelle verwendeten und wirklich große Fans von ihm wurden, haben wir es mit einem weiteren Parzellenkaffee aus Mexiko versucht und seit Herbst 2020 ist der Cuilco der entkoffeinierte Kaffee in unserem Sortiment gewesen.

Tatsächlich konnte uns dieser geschmacklich noch mehr überzeugen und wir blieben weiterhin eine der wenigen Kaffeeröstereien, die sich trauen einen Specialty-Coffee Decaf zu verkaufen ;-)

Als eine direkt handelnde Spezialitäten-Kaffeerösterei geht es uns immer darum die Arbeit unserer hervorragenden Kaffeebauern unseren Kunden geschmacklich fein zu präsentieren, deshalb überzeugte auch dieser entkoffeinierte Kaffee.

Als unser Kaffeebauer aus Mexiko, Tomas Edelmann, zu Besuch war, luden wir zu einer offenen Verkostung ein. Dabei waren Baristi, Kaffeeröster und viele andere, die sich beruflich mit Kaffee auseinandersetzen und man meinen müsste sie würden einen entkoffeinierten Kaffee von normalem unterscheiden können, immerhin dürfte dieser ja nicht mithalten können..

Wir brühten nur vier verschiedene Finca Hamburgo Kaffees auf und stellten sie nebeneinander. Keiner, aber wirklich gar keiner konnte mit Gewissheit auf den Decaf zeigen, für manche war es sogar der beste Kaffee in der Runde. Das bewies einfach, dass wir uns von Vorurteilen befreien müssen und Lebensmittel jederzeit ausprobieren und vielleicht auch für uns selbst neu entdecken müssen.

Als wir die neue Charge Ende 2021 aus Triest erhielten, fiel es uns schwer den Cuilco zu rösten. Auch die Zubereitung im Nachhinein war eine Herausforderung und wir bekamen es immer wieder mit negativem Feedback zu tun. Anfangs sahen wir einen sauberen Parzellenkaffee, der ethisch korrekter Wertschöpfung unterlag, als genügend, um ihn auch bei nicht so optimaler Zubereitung verkaufen "zu dürfen". Doch als sich auch bei Online-Bestellungen, uns nicht persönlich bekannte Kunden beschwerten, mussten wir etwas unternehmen.

Wir nahmen den Cuilco aus dem Shop online und offline und schenkten ihn nur vor Ort aus, da wir täglich einige Decaf-Kunden haben. Mittlerweile fiel es uns immer schwerer es auch uns selbst zu erklären, warum Latte Art auf der Oberfläche nicht hielt, woher die höhere Adstringenz und Unausgewogenheit in der Tasse kam.

Glücklicherweise erfuhren wir kurz darauf, dass es einen Produktionsfehler in Triest gab. Keine Sorge, es war weiterhin ein entkoffeinierter Kaffee, jedoch wurde zu viel Wasserkraft angewandt, sodass der Rohkaffee komplett versiegelt wurde und sich selbst Monate nach der Röstung wie am ersten Tag anfühlte, voller CO2 und somit schwer zu brühen.

Schnellstmöglich wählten wir die Parzelle "Naranjo" aus, die Tomas dieses Jahr als Natural aufbereitet hatte, und schickten diese zum neuen entkoffeinieren.

Seit August ist alles fertiggestellt und wir können nun endlich wieder Decaf Kaffee anbieten und was für einen!

Das ist der erste natural Decaf, den wir je getrunken haben und auch wenn es immer noch nicht ganz einem "normalen" Kaffee gleicht, würden wir ihn jederzeit wieder ins Rennen gegen diese schicken!

Es erfreut uns auch wieder Latte Art auf die Milchgetränke zaubern zu können.

Beachten Sie bitte, dass Sie den Kaffee deutlich feiner mahlen müssen, um eine gute Extraktion zu erreichen - guten Genuss!